richters

„Der Wilddieb“ von den 4 Richters war unter den ersten 6 Platten, die ich 1978 erworben habe. Als ich so um 1993/1994 beschlossen  habe eine eig. Schellackplattensammlung anzulegen – da habe ich mich  natürlich bei den Kollegen umgesehen - wie denn die das machen. Fast jeder von denen hatte ein „Spezialsammelgebiet“  - sei es nun eine Kapelle, ein Interpret oder eine Gesangsgruppierung – und deshalb habe auch ich mich darangemacht  mir etwas auszusuchen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits an die 10 Richters-Platten – und nachdem sich sonst – offensichtlich – noch niemand um diese Gruppierung „gekümmert“ hat – hab’ ich mir gedacht – das mache ich.

 Ich habe mir die Platten dann einmal genauer angehört – und da ist mir auch gleich die tolle - schöne Stimme Kurt Richters aufgefallen.  Außerdem fand ich unter den ersten Aufnahmen  bereits einige Lieder die meine Eltern und Großeltern noch gesungen haben - und  zu meiner großen Überraschung viele Volkslieder aus Tirol – oder zumindest solche mit Bezug auf Tirol (überascht war ich deshalb, da es sich bei den Richters ja um eine Berliner Gruppierung handelte).

Ab da war für mich klar, dass ich so viel wie möglich von diesen Herren wissen wollte und natürlich wollte ich auch eine möglichst umfassende Plattensammlung dazu anlegen. Die ersten Informationen fand ich im Leimbach – da war ich dann wieder überrascht, denn ich ging ursprünglich von 40 bis 50 Platten aus – hier war aber die Rede von weit  über hundert. Heute sind’s so an die 260 Stück – von 70 bis 80 Aufnahmen (also ca. 40 Platten) weiß ich noch – es werden also wohl so an die 300 Platten sein die Kurt Richter – teils solo und teils mit Begleitung (Duett,Gesangsguitarristen,Wedding-Boys, etc.) aufgenommen hat. Ich denke, das ist eine stolze Zahl und man kann davon ausgehen, dass das Ensemble sehr bekannt und beliebt war. Allein die oben-erwähnte „Wilddieb-Platte“  taucht immer wieder auf  - und dürfte eine der meistgepressten Platten im deutschspr. Raum überhaupt sein. Noch ein Beweis für die Beliebtheit der Richters scheint mir die Vielzahl der Plattenfirmen zu sein, unter denen sie aufgenommen haben. Ihr findet in der Navileiste eine Aufstellung der verschiedenen Plattenmarken die Richters-Titel veröffentlicht haben - das ist schon "rekordverdächtig"!!.

Warum also gibt’s keinen Eintrag im I-Net, keine Geschichten dazu, kein - (oder kaum ) Bildmaterial  von ihnen? Diese Gruppierung ist eigentlich „spurlos“ (mit Ausnahme der Schellackplatten) von der Bildfläche verschwunden.

Ich vermute einfach einmal:

Erstens – wollte nach Kriegsende wohl keiner mehr etwas vom deutschen Volkslied (-ein Hauptteil des Richter’s-Repertoir’s)  - wissen. Die eine Seite sah darin eine „Wurzel des Übels“ – und die andere Seite hatte Wichtigeres zu tun – und nahm neben der überlebensnotwendigen Hilfe auch gerne jeden Rat, die zukünftige kulturelle Entwicklung betreffend  an. Hat aus heutiger Sicht auch niemandem groß geschadet – außer vielleicht dem Angedenken der  Richter’s.
Zweitens – hängt direkt mit Erstens zusammen – ein Teil der Lieder wurde (vermutlich weil eben schon sehr populär) von den finsteren Herren damals für Propagandazwecke „eingezogen“ – und derart verändert, dass die eben zum marschieren, schiessen und Leute-umbringen passten (war nicht nur in Deutschland so!). „In einem Hessenstädtchen“ wurde zu „In einem Polenstädchen“ und der „Westerwald-Marsch“- vorgetragen  von den Richters -  klingt bei Weitem nicht so „zicke-zacke-zicke zackig“ wie die braune Version.

„Als die goldne Abendsonne“ gehört auch zu diesen Stücken – den Titel habe ich gegoogelt – da fand ich seitenweise nur Worte wie „SA-Kampflied“, „Nazi military march“, usw. Auch die Richters - („Wedding-Boys“) Version aus dem Jahr 1931 – wird mit diesen Titeln belegt,  obwohl die –zumindest dem Text nach nichts damit zu tun hat. Ursprünglich stammt das Lied aus dem Jahr (ca.) 1850 – beschrieben als „lustiges Gesellenlied“ das im Laufe der Zeit mit verschiedenen Titeln wie „Zwei Wandersburschen“ oder  „ Missbrauchte Gastfreundschaft“ wiedergegeben wurde.  Der Urheber ließ sich nicht klar finden, aber dass der Text zur „neuen“ Version nicht von den Richter’s stammt – sondern vom SA-Mann Karl-Heinz Muschalla (das habe ich gleich gefunden!) – ist sicher.

Außerdem haben die Richters – genau wie die anderen Gesangsgruppen - Foxtrot’s, Tango’s und Hawailieder aufgenommen – der Schwerpunkt lag aber eben im Volkslied-Bereich. Auch zeitgemäße – teils kritische  Stücke wurden eingespielt – als Beispiel der Refrain aus „Der Arbeitslose“   „ …. seid doch Menschen und tut Eure Pflicht – vergesst den Arbeitslosen nicht“.  Ich finde auch auf den Richter’s Platten kaum einen direkten Hinweis auf besondere Nähe zum damaligen politischen System (bei ähnlichen Gruppierungen wie den „Gloria Gesangsgitarristen“ oder den „vier Lustigen Jungs“ – gibt’s das sehr wohl!).

Soviel darüber was ich mir so “zusammengereimt“ habe – ich kann natürlich auch daneben liegen – viele Informationen gibt’s  ja leider nicht .

Nachstehend findet Ihr alles was ich über die Richters weiß - die 3 Bilder stammen aus dem "Leimbach" ebenso Teile des untenstehenden Textes:

Kurt Richter – geb. 28. März 1907 in Berlin – gest.  12. Mai 1984 in Ost-Berlin

Am 28. März 1907 als Sohn eines Böttchers in Berlin geboren. Der erste Weltkrieg verhinderte eine Berufsausbildung. Als Bote verdiente sich Kurt das Geld für Gitarrenunterricht bei Walter Dietrich. 1931 gründete er die bekannte Gesangsgruppe „Die vier Wedding Boys“, mit der etliche Funk- und Plattenaufnahmen entstanden. 1933 mußte Richter die Gruppe umbenennen in „Die vier Richters“. Die künstlerische Besetzung wechselte mehrfach, bis die gewünschte musikalische Qualität erreicht war. Nun stellten sich auch die Erfolge ein – auf der Bühne, im Funk, bei der Platte, beim Film. Mit Kriegsbeginn 1939 mußte sich die Gruppe auflösen – und Richter spielte bis zu Einberufung 1940 allein auf Frontbühnen. Alle Versuche, nach dem Zusammenbruch wieder eine Gesangsgruppe zu formieren, scheiterten. Richter schloß sich als Musiker verschiedensten Kapellen und Orchestern an. Am 12. Mai 1984 ist er im Ostteil seiner Heimatstadt gestorben. (Text Leimbach)

Dem kann ich noch hinzufügen:

Ein freundlicher Sammlerkollege aus Berlin hat mir - nicht nur die obige Künstlerkarte - samt Originalstempel Kurt Richters zukommen lassen, sondern auch berichtet, daß er den Sohn Kurt Richters einige Male in Berlin getroffen habe. Der hat ihm erzählt:

Die 4 Richters waren offenbar eine Art Familienunternehmen mit Verbindung nach Velten - einer Ortschaft in der Nähe von Berlin. Das dürfte auch der Grund für die Pseudonyme "Ernst Velten" und "Kurt Velten" sein, die Kurt Richter fallweise bei Plattenaufnahmen als Refrainsänger div. Tanzkapellen (W. Raatzke, E. Jahn, O. Stenzel, etc.) verwendete. Durch die Kriegswirren wurde die Familie offensichtlich auseinandergerissen - denn mehr konnte der Sohn K. Richters auch nicht berichten.

Unterstreichen würde die Geschichte mit dem Familienunternehmen auch noch, daß es neben den 4Richters auch noch Platten der 3Richters, dem Richters Duett und verschiedenen Duetten Kurt Richters - z. b. mit Käthe Kühl, Paul Hagedorn, Max Mensing (Mentor), usw. gibt. Außerdem wirkt bei vielen Aufnahmen ganz eindeutig eine Dame mit?!!

Die „vier Wedding Boys“

Während der Weltwirtschaftskrise – vermutlich 1930, taten sich vier Berliner Jungen zusammen, um mit ihren Gitarren singend durch den Arbeiterberzirk Wedding zu ziehen und sich so als Straßenmusikanten durchzuschlagen :
Kurt Richter – Tenor, Johnny Schulz – Tenor, Fritz Löwenstein – Baß, und Paul Meier – Bariton. Sie nannten sich – offiziell gegründet 1931 „Die vier Wedding Boys“ und fanden stets ihr Publikum, Meier, der die Rolle des Geschäftsführers übernommen hatte, konnte die Gruppe eines Tage beim Funk unterbringen. Durch den Funk wiederum wurde die Plattenindustrie aufmerksam – und die ersten Platten mit den Wedding Boys kamen auf den Markt. (Text Leimbach)

Auch zu den Wedding-Boys kann ich ergänzen: Da hat mich ein Herr kontaktiert, der meint - die Baß-Stimme der Wedding-Boys wäre die seines Großvaters - das wäre dann aber nicht Fritz Löwenstein (auch nicht Erwin Teichmann) gewesen. Außerdem meinte er - sein Großvater wäre aus Insterburg nach Berlin gekommen - was wieder auf Kurt Bangert und seine Mannen schließen ließe (die Gloria Gesangsgitarristen) denn Bangert kam auch von dort. Genaueres konnte ich da nicht mehr herausfinden - diese Spur ist im Sand verlaufen.

Noch einen Hinweis habe ich bekommen: Die Titelmelodie aus dem Film "Kleiner Mann - was nun?" (Vers. 1933) wurde von den Comedian Harmonists und den Wedding Boys aufgenommen. Für den Film soll die Wedding-Boys Aufnahme verwendet worden sein?! Ich habe den Film leider nicht gesehen (gibt's auch meinens Wissens nicht auf Video oder DVD) - deshalb kann ich auch diese Aussage nicht bestätigen. Freue mich, wenn hier jemand weiterhelfen kann.

Die „vier Richters Gesangsguitarristen“

1933 mußten sich Die vier Wedding Boys umbenennen  und Kurt Richter übernahm die Leitung. Sie hießen fortan  „Die 4 Richters“. Inzwischen waren auch die Qualitätsansprüche der Medien gestiegen – und um diesen zu entsprechen, mussten verschiedene Umbesetzungen vorgenommen werden. In der Besetzung – Kurt Richter – Tenor, Hans Hahn (später Alex Tibor) – Tenor, Heinz Düwert – Bariton und Erwin Teichmann – Baß, produzierten sie am häufigsten. Die 4 Richters machten Furore bei Funk und Platte, absolvierten aber auch Bühnenauftritte. Eine große Deutschlandtournee machte sie populär. Auch in Italien sangen sie mit großem Erfolg. Bei Kriegsbeginn jedoch musste sich das Ensemble auflösen. (Text Leimbach)

Auch dazu noch ein kleiner Beitrag - offensichtlich sind die Richters mehr- oder weniger regelmäßig in "Carow's Lachbühne" (siehe Navileiste) aufgetreten. Meine Suche ergab zwar keinen direkten Hinweis, aber möglich wär's schon gewesen - wenn man die Künstlerkarte betrachtet!

Tja - und damit bin ich mit meiner "Weisheit" schon am Ende, also wer Infos, Bilder - oder Platten hat (siehe Suchliste) - bitte bei mir melden.